martes, 9 de julio de 2013

Wie sich die Parteien im Netz vergeblich bekämpfen : Die total sinnlose ... - n-tv.de NACHRICHTEN

Politik

Von Christian Rothenberg

Zehn Wochen vor der Wahl wird es langsam schmutzig. Im Netz fahren die Rivalen fiese Kampagnen. Die Grünen versuchen es mit coolen Sprüchen, die CDU setzt auf ein Wörterbuch. Aber viele der Online-Aktionen verhallen ohne Effekt. Gegen den Klassiker aus Papier haben sie keine Chance.

In der schwarz-gelben Koalition herrscht Chaos, zumindest aus Sicht der Grünen. Beispiele gefällig? Dann ab in die hiesige Wahlkampfinszenierung im Jahr 2013. Bild eins: Kanzlerin Angela Merkel zeigt mit dem Finger auf Vizekanzler Philipp Rösler, über ihren Köpfen prangt der Spruch "Schuld sind immer die anderen". Bild zwei zeigt Merkel, Rösler und Westerwelle, die mit geschlossenen Augen auf den Regierungsbänken im Bundestag sitzen. Dazu die Aufschrift: "Gegen Laufzeit-Verlängerung." Ein vielsagendes Bild, ergänzt um eine ironisch-spöttische Schlagzeile und fertig ist das Wahlplakat.

Auf sieben verschiedenen A0-Motiven werben die Grünen für den Regierungswechsel am 22. September. Neben den flapsigen Titeln haben die Plakate auch farblich Wiedererkennungswert. Die Bilder der "Anderen", von Merkel, Rösler, Schäuble & Co. sind in tristem Schwarz-Weiß gehalten. Einziger Farbtupfer ist der grüne Kreis mit der allseits bekannten Sonnenblume und einem provokativen "Und du?". So als wollten die Grünen die Wähler fragen: Willst du dir diese Pfeifen wirklich noch länger antun?

"Noch 83 Tage Residenz evil"

Es ist Wahlkampf, weniger als 90 Tage verbleiben bis zur Bundestagswahl, und die Parteien rüsten sich für die heiße Phase. Unzählige Auftritte der Spitzenkandidaten, Infostände, PR, Kugelschreiber: Die Wähler erwartet, so sagt es der Wahlkampf-Experte Frank Stauss im Interview mit n-tv.de, "das ganze Orchester der Kommunikation". Im Kampf um die Wählergunst schöpfen die Parteien alle Möglichkeiten aus, um die Rivalen schlecht dastehen zu lassen. Dabei setzen sie vor allem auf Wahlplakate, die in den nächsten Monaten wieder Tausende öffentlich angemietete Flächen bedecken. Aber was ist eigentlich mit dem Internet: Wie wirkungsvoll ist das digitale Gegner-Bashing und löst es die klassischen Formen des Wahlkampfes ab?

Im Netz betreiben die Parteien ihre Negativkampagnen mit unterschiedlicher Intensität. Die Grünen präsentieren auf abwaehlkalender.de jeden Tag einen "neuen Grund", um die Regierung Merkel abzuwählen. "Noch 88 Tage sitzt die Lobby in der Regierung", "noch 83 Tage Residenz evil" heißt es in Anspielung auf die schwarz-gelbe Flüchtlingspolitik. Die FDP reagiert direkt auf die Seitenhiebe. In Anlehnung an die Aktion der Grünen veröffentlichen die Liberalen täglich "kleine Wahrheiten über unsere Freunde in Grün" auf ihrem Facebook-Abfallkalender. Wortlaut: "In 85 Tagen wollen die Grünen über uns herrschen", "noch 88 Tage Restlaufzeit für grünes Überlegenheitsdenken".

Stoiber, die Frustrierten und das Schicksal

Im Willy-Brandt-Haus gelang den SPD-Strategen Mitte Juni ein kleiner Coup. Schon fünf Tage vor der offiziellen Vorstellung stellten sie das Wahlprogramm der Union auf www.schwarzgelblog.de zum Download. "Wenn Sie weiter am Ball bleiben und über aktuelle Entwicklungen in Ihren Parteien mehr erfahren wollen: Wir sind für Sie da", hieß es dazu süffisant in Richtung der Mitglieder von CDU und CSU. Der politische Gegner war blamiert. Wie das Programm in die falschen Hände geraten konnte, wissen wohl nur die Genossen.

Die CDU gibt zwar vor, sich nur inhaltlich und argumentativ mit den anderen Parteien auseinanderzusetzen und auf Negativkampagnen verzichten zu wollen. Tatsächlich bietet sie Freund und Feind jedoch ähnliche Angebote. Auf www.schlinger-partei.de erwartet den Besucher ein Quiz, das spielerisch darauf hinweist, wie häufig die SPD bei vielen Themen ihre Haltung geändert habe. Einem Parteisprecher zufolge ist die Seite jedoch veraltet und soll schon bald auf www.wahlfakten.cdu.de verlinkt werden. Hier können die Nutzer auch eigene "Fundstücke" einschicken. Auf www.vorsicht-vor-rot-gruen.de oder www.peers-steuerschrauben.de präsentiert sich die Union etwas humoriger, aber insgesamt doch eher zahm. Eine Kostprobe bietet das Wahl-Wörterbuch "Rot-Grün – Deutsch/ Deutsch – Rot-Grün". Stichwort Agenda 2010: "Die SPD schämt sich bis heute für die Agenda und die Grünen wollen mit ihr nichts zu tun haben."

Opfer einer gelungenen Negativkampagne wurde 2002 Edmund Stoiber. Einige Monate vor der Bundestagswahl hatte der Unions-Kanzlerkandidat in einem Interview gesagt, er wolle nicht, dass "erneut der Osten bestimmt, wer in Deutschland Kanzler wird". Es dürfe nicht sein, "dass letztlich die Frustrierten über das Schicksal Deutschlands entscheiden". Die SPD trieb die Äußerungen des politischen Gegners damals sofort genüsslich durch die digitalen Mühlen.

"Vaterlandsverräter" war gestern

Richtige Treffer gelingen im Internet aber eher selten. So kreativ sich die Parteien gegenseitig teilweise auch verunglimpfen: Zwar bietet das Netz theoretisch die bestmögliche Reichweite, aber die Parteistrategen wissen um die beschränkte Wirkung der Online-Kampagnen. Über die Besucherzahlen geben sie nur ungern Auskunft, aber besonders hoch sind sie nicht. Oft erreicht das Gegner-Bashing nur die eigene Anhängerschaft. Unentschlossene Wähler finden den Weg auf die Seiten nur selten.

Bei den deutschen Wählern ist das "negative campaigning" sowieso nicht besonders beliebt. Deshalb sind Wahlkampagnen hierzulande weitaus harmloser als zum Beispiel in den USA. Hier warf die Gruppe "Swift Boat Veterans for Truth" dem demokratischen Präsidentschaftskandidat John Kerry 2004 vor, er habe seine Tapferkeitsmedaillen im Vietnamkrieg nur durch Lügen erhalten.

In Deutschland zielen die Wahlkampfstrategen heute kaum noch unter die Gürtellinie. Dass Spitzenkandidaten wie Franz Josef Strauß oder Willy Brandt, der aufgrund seines Widerstands gegen die Nazis als "Vaterlandsverräter" bezeichnet wurde, persönlich geschmäht werden, ist nicht mehr vorstellbar. Persönlich diffamierende Angriffe gelten als Tabubruch. In den Wahlkampfzentralen geht man inzwischen davon aus: Die Wähler wollen von Programmpunkten überzeugt werden und nicht hören, dass der Gegner schlecht ist.

Die 1000er-Faustformel

Das Wahlplakat gilt daher noch immer als das geeignetste Mittel, um die Wähler zu erreichen. "Es wird oft müde belächelt, aber es ist aufdringlich und erinnert in vielen Situationen daran, dass Wahlen bevorstehen", sagt der Politikwissenschaftler Thorsten Faas. Während sich der Autofahrer vor der roten Ampel dem Plakat kaum entziehen könne, erfordere das Internet sehr viel mehr Eigenmotivation. Man müsse sehr viel genauer hinschauen, um auf entsprechende Angebote zu stoßen. Für die Ansprache neuer Wählerschichten sei das Netz daher kaum geeignet.

Stärker als die klassischen Wahlkampfformen, als die Plakate und Marktplatzreden, ist der Wahlkampf im Netz auf explosive Ereignisse und Emotionen angewiesen. Wie viel Arbeit muss ich investieren, um 1000 Leute zu erreichen? Diese Faustformel gilt bei den Parteistrategen. Aber was ist, wenn die mobilisierenden Themen fehlen und die Politisierung der Menschen nicht gelingt? Wenn der Zündsatz fehlt, kommt die digitale Lawine gar nicht erst ins Rollen. Schlimmstenfalls bindet eine Online-Kampagne dann zwar viele Mitarbeiter, die die Botschaften über alle Kanäle verbreiten, verhallt aber letztlich weitgehend ohne Effekt. Dann helfen auch Schnelligkeit und Reichweite nicht weiter.

Das Netz hat vieles revolutioniert, aber offenbar nicht den deutschen Wahlkampf. Hier setzen die Parteien auch im Jahr 2013 auf die Plakate aus Papier. Zu offensichtlich sind dessen Vorzüge: Einmal entworfen und vervielfältigt, ist es anspruchslos und nicht pflegebedürftig. Es muss nur noch aufgestellt werden, dann steht das Plakat unübersehbar in der Landschaft.

Quelle: n-tv.de

No hay comentarios:

Publicar un comentario