viernes, 23 de noviembre de 2012

TV-Revolution im Internet - DIE WELT

Backaroma, das ist unser politischer Beitrag, Bourbon Vanille". So blödeln die Moderatoren "Gronkh" und "Sarazar" auf ihrem Webvideo-Kanal "Let's play together" zur Wiederwahl von Barack Obama, wedeln dazu mit Dr.-Oetker-Tütchen - und 50.000 Fans klicken innerhalb von 24 Stunden auf ihren Facebook-"Gefällt-mir"-Knopf. Valentin Rahmel und Erik Range, ihren Fans nur als Sarazar und Gronkh bekannt, gehören zu einer neuen Generation von deutschen Online-Videostars, stehen an der Spitze einer Fernsehrevolution im Internet - trotzdem kennt sie außerhalb ihrer eigenen Generation fast niemand.

Ihre Beiträge auf dem ProSiebenSat.1-Portal Myvideo.de erreichen inzwischen mehr Zuschauer als viele Spartenprogramme im deutschen Fernseh-Nachmittagsprogramm. Sechs Millionen Mal wurde Gronkhs erstes "Let's Play Minecraft"-Video von 2010 angeklickt, und seitdem beweisen die beiden mit ihrer Kölner Firma Playmassive Tag für Tag, dass sie besser als die klassischen deutschen Fernsehsender begriffen haben, wie man die Zielgruppe der 14- bis 30-Jährigen vor einen Bildschirm lockt. "Die Jugendlichen haben eine völlig neue Konsummentalität: Sie lassen sich kein Komplettprogramm vorsetzen, sondern suchen aktiv selber die Sparteninhalte, die sie sehen wollen", sagt Rahmel der "Welt". Und zeigt sich selbst doch überrascht über den Erfolg ihres Formats.

Das Rezept ist simpel: Zwei Jedermanns spielen Computer und blödeln dazu herum, kommentieren das Spielgeschehen und ihren Alltag. Was einfach klingt, lebt von der Authentizität der Moderation und vom Fleiß der Macher: Täglich produzieren die beiden Videos, auf ihrer Homepage gehen sie auf die Kommentare jedes Zuschauers ein, kümmern sich aktiv um ihre wachsende Fangemeinschaft - und lassen vieles im klassischen deutschen TV-Nachmittagsprogramm buchstäblich alt aussehen. Wie viel genau sie mit der Werbung auf ihren Seiten einnehmen, will Rahmel nicht verraten, Schätzungen zufolge könnten es mehr als 60.000 Euro im Monat sein. Zu wenig für klassische Fernsehproduktion, aber mehr als genug für die Webvideo-Start-up-Gründer.

"Die deutsche Fernsehlandschaft zerbröselt gerade. Viele TV-Sender, aber auch die Produzenten begreifen das noch nicht", sagt Marcus Hündgen, Veranstalter des deutschen Webvideo-Preises und Mitgründer der deutschen Webvideo-Akademie in Düsseldorf. "Wir stehen gerade am Anfang einer echten medialen Revolution im Fernsehmarkt, und eigentlich sollte Goldgräberstimmung herrschen - doch stattdessen fürchten viele um ihren etablierten Markt."

Anfang Oktober begann Googles Webvideo-Marktführer Youtube in Deutschland damit, Produzenten die Drehs für eigene Spartenkanäle vorzufinanzieren. Damit tritt Youtube erstmals direkt als Käufer im deutschen Bewegtbildmarkt an. Die Idee setzt der Konzern in den USA bereits seit einem Jahr mit zunächst knapp 100 Kanälen um, bis zu 100 Millionen Dollar will Youtube pro Jahr ausschreiben. "Wir zielen mit unseren Nischenangeboten speziell auf die Generation der unter 35-Jährigen, die von den Fernsehsendern vernachlässigt werden", kommentiert Youtubes Chefeinkäufer Robert Kynzl die Strategie im Gespräch mit der "Welt". Innerhalb von zwei Jahren sollen die "Original Channels" so erfolgreich sein, dass sie sich mit den Werbeeinnahmen selbst finanzieren. Der Mutterkonzern Google verspricht den Produzenten eine Einnahmebeteiligung von über 50 Prozent, wenn sie ihr Startkapital wieder eingespielt haben. Doch bleibt der Erfolg aus, reagiert Youtube knallhart: In den USA wurden knapp 60 Prozent der vor einem Jahr gestarteten Kanäle die Unterstützung bereits wieder entzogen: Weil zu wenige Zuschauer die Kanäle abonniert hatten, verteilte Youtube seine nächste Finanzierungsrunde lieber auf neue Partner.

Die TV-Produktionsfirma Endemol, nach eigenen Angaben Marktführer im Bereich "Bewegtbildproduktion", tritt mit gleich zwei Kanälen auf Youtube an: einem Kurzfilmangebot und einer Art Überlebensratgeber für Eltern. Endemol-Geschäftsführer Marcus Wolter will mit dem Engagement erst einmal ausprobieren, was auf der Plattform funktioniert, erklärt er im Gespräch mit dieser Zeitung. Es gebe einen großen Unterschied zur Produktion fürs Fernsehen: "Die redaktionelle Hoheit wie auch das wirtschaftliche Risiko liegt allein beim Produzenten."

Wer mit klassischem Fernsehdenken an die neuen Formate herangehe, werde scheitern, warnt Wolter: "Die Produktion für das Web folgt eigenen Gesetzen - etwas weniger Hochglanz, komprimierter. Das Rezeptionsverhalten der Zuschauer wandelt sich, man muss bei vielen Online-Inhalten einfach schneller auf den Punkt kommen." Auf der Liste der vorerst zwölf neuen deutschen Spartenangebote finden sich neben den professionellen Produktionen von Endemol und der Ufa auch eine Talkshow aus dem Wohnzimmer einer Berliner Wohngemeinschaft. "Die Einstiegsbarrieren sind niedriger, und damit haben junge Talente viel eher eine Chance, ihre eigene Fangruppe aufzubauen, ein bisschen wie in der Pionierphase des Privatfernsehens", kommentiert Wolter. Das sind nun noch keine Angstgegner für RTL, Pro7 und Co, doch bislang steckt Youtube nur eine Zehenspitze ins Wasser. Was, wenn der Erfolg zu mehr ermutigt?

Auf die Frage, ob Youtube mit den neuen Kanälen eine Bedrohung sei, geben sich die deutschen Fernsehsender gelassen. RTL-Chefin Anke Schäferkordt etwa verwies im Interview mit der "Welt" auf den Erfolg der eigenen Webvideo-Plattform RTL Now. Dort stehen "DSDS", "Cobra 11", "Unter uns" - alles Inhalte, die auch schon auf einem der RTL-Fernsehsender laufen.

Eine Art Revolution wagt dagegen die ProSiebenSat.1-Gruppe auf ihrem 2007 erworbenen Portal Myvideo, so sieht es zumindest Digital-Geschäftsführer Markan Karajica. Er will beweisen, dass die alten Regeln des Fernsehens nicht mehr gelten. "Wir setzen seit 2012 auf 'Online-First' und drehen damit die traditionelle Wertschöpfung um: Die Serie Spartacus etwa lief zuerst komplett im Netz, im Anschluss dann im Free-TV auf unseren Sendern. Insgesamt konnten wir mehr Zuschauer erreichen, als es über eine reine TV-Ausstrahlung der Fall gewesen wäre", sagte er der "Welt". Das Problem für die Sender liegt in der Vermarktung: Im Netz bezahlen Werbekunden nur die Spots, die die Zuschauer tatsächlich angesehen haben. Gleichzeitig klickt die ungeduldige Zielgruppe schneller weg, springt zum nächsten Clip oder dem Konkurrenzportal. ProSiebenSat.1 probiert daher auf Myvideo auch neue Werbeformen aus. Man kann etwa einen ganzen Kanal sponsern und erreicht dort eine spezifische Zielgruppe, zum Beispiel Spieler.

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