lunes, 31 de diciembre de 2012

Die Musik trägt Dunkelrot - Morgenweb

Die Musik hat dunkelrote Lippen und ein passend dunkelrotes Kleid mit feinem Blumenmuster. Sie heißt bürgerlich Andrea Stadel, stammt aus Bruchsal und singt jetzt im Rokokotheater den Prolog aus Claudio Monteverdis Orpheus-Oper. Hauptberuflich ist sie am Theater Lübeck tätig, in der aktuellen Spielzeit unter anderem als fünfte Magd in Richard Strauss' "Elektra". Die Frau Musica, die vom Parnass heruntersteigt, ist also sozusagen ein Karriereschub. Aber der junge lyrische Koloratursopran bewältigt ihn gelassen.

Lockerheit ist ohnehin das Stichwort dieses Abends beim Barock-Event "Winter in Schwetzingen". "Am Anfang war der Tanz" ist er betitelt, italienische Musik des 17. Jahrhunderts steht im Mittelpunkt. Mit Komponisten-Namen, die - mit Ausnahme von Maestro Monteverdi - musikalischen Normalverbrauchern wenig sagen dürften. Eine kleine Orientierungshilfe wäre hier willkommen. Das Programmheft hält sich diesbezüglich aber sehr zurück, und Wolfgang Katschner, Leiter der Berliner Lautten Compagney, die mit Andrea Stadel das Konzert bestreitet, sagt auch nur das Allernötigste, kaum mehr als ein: "Viel Spaß - mehr nicht." So ist er halt.

Bei Katschner werden keine musikalischen Exempel statuiert und keine Theorie-Höhen erklommen, wo historisch einzig wahre, einzig mögliche Erkenntnisse zu holen wären. Dieser Spezialist für Misch- und Überblicksprogramme will erfreuen, nicht belehren, und gerade Häppchen-Kost kann außerordentlich bekömmlich sein. Die Rechnung geht im Rokokotheater auf. Das Volksnahe, Unprätentiöse dieser alten Stücke, die ja einen Wendepunkt markieren (beispielsweise hin zu einer eigenständigen Instrumentalmusik), kommt fabelhaft zur Geltung. Unter anderem durch Peter Kuhnschs fast straßenmusikantische Percussion-Einwürfe. Sie unterstreichen den spontanen Zug der Darbietung - wie eingeübt und kalkuliert der immer sein mag.

Nie verliert die Lautten Compagney das Motto ihres Auftritts aus dem Blick: Der Tanz steht stets im Zentrum, neben Kuhnsch beherzigen das insbesondere die beiden Lautenisten Katschner und Hans-Werner Apel, aber auch Ulrike Becker auf der tiefen Gambe Violone swingt nach Kräften mit. Und Birgit Schnurpfeil an der ersten Geige wiegt sich immer wieder in den Hüften - ohne den kantablen Gestus der Musik von Komponisten wie Merula und Cavalli zu verleugnen. Ein sehr spezielle, leicht verschlierte, oft trompetennahe Klangfarbe bringt Friederike Otto auf dem alten Krummhorn Zink ins Spiel.

Neben der hohen Unterhaltsamkeit des Ganzen fehlt es nicht an Tiefe. Wie Andrea Stadel in diversen Solo-Madrigalen in Affekte eintaucht, süßen Wahnsinn nascht (in Monteverdis "Ohimè ch'io cado") oder auch in voller, gleichsam dunkelroter Schönheit stirbt, wird einem eine ganze Weile nachklingen.

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