jueves, 20 de diciembre de 2012

Kiel erlaubt das Pokern im Internet - DIE WELT

Dieses "Weihnachtsgeschenk" aus Kiel wollte keine Landesregierung in Deutschland haben. Künftig dürfen Spielfreudige mit Wohnsitz oder "gewöhnlichem Aufenthalt" in Schleswig-Holstein bei Online-Poker zocken, das in allen anderen Bundesländern verboten ist. Gleich im Dutzend vergab das Innenministerium am Mittwoch Lizenzen für Internet-Casinospiele - gegen den erklärten politischen Willen der Koalition aus SPD, Grünen und SSW (Südschleswigscher Wählerverband). Er habe rechtlich keine andere Wahl gehabt, sagte Innenminister Andreas Breitner (SPD).

Noch vor Weihnachten wollte das Regierungsbündnis eigentlich das ungeliebte schwarz-gelbe Landesgesetz aufheben, auf dessen Grundlage jetzt die Lizenzen erteilt wurden, und dem restriktiveren Staatsvertrag der anderen 15 Länder beitreten. Doch daraus wurde nichts. Dies liegt daran, dass europäisches Wettbewerbsrecht und letztlich alle EU-Staaten mit im (Glücks-)Spiel sind. Malta erzwang in letzter Minute die Verlängerung einer Stillhaltefrist ins neue Jahr.

Damit musste die nach der Wahl im Mai gebildete Küsten-Koalition die für Dezember geplanten Gesetzesänderungen verschieben. "Ich möchte keine Sondersituation haben, in der Schleswig-Holstein gegen den Rest Deutschlands steht", hatte Ministerpräsidentin Torsten Albig (SPD) noch wenige Tage vor den politisch bitteren Zulassungen der Nachrichtenagentur dpa gesagt.

Von den neuen Lizenzen profitieren nun elf Anbieter aus Malta und Gibraltar, dazu einer aus Bautzen. Mit weiteren Verzögerungen bei der Lizenzvergabe hätten möglicherweise Schadensersatzklagen in Millionenhöhe gedroht. In Kiel sind noch 18 weitere Anträge für Online-Casinospiele in der Pipeline. Die Koalitionspartner Grüne und SSW sprangen dem SPD-Innenminister umgehend bei; er habe nach Recht und Gesetz handeln müssen. "Ihm gilt unsere volle Unterstützung", sagte Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben. Von einem "vorweihnachtlichen Freudentag für die Zockerbranche" und einem möglichen legalen Anker für "zwielichtige Aktivitäten" sprach SPD-Fraktionschef Ralf Stegner. "Die Gefahr der systematischen Geldwäsche ist in keiner Weise gebannt." Ob der Minister jetzt nicht anders handeln konnte? "Das vermag ich nicht zu beurteilen, ich bin kein Jurist", sagte Stegner der dpa. In dem Punkt gebe es unterschiedliche juristische Auffassungen.

Der Staatsvertrag der 15 anderen Länder verbietet nicht Online-Poker und begrenzt die Zahl der Lizenzen für Sportwetten auf 20, was allerdings als juristisch heikel gilt. 15 Firmen dürfen schon auf Schleswig-Holsteins Glücksspielmarkt Sportwetten anbieten, 24 weitere Anträge prüft das Innenministerium. Im Norden ist die Zahl nach der bisherigen Rechtslage nicht limitiert - zur Freude der Branche, die das schwarz-gelbe Gesetz ohnehin laut bejubelt hat.

Trotz ihres Willens, in die Glücksspiel-Gemeinschaft der deutschen Länder zurückzukehren, muss die Regierung in Kiel der EU schlüssig erklären, weshalb sie das seit Jahresbeginn geltende und von Brüssel abgesegnete Landesgesetz wieder aufheben möchte. Ein Regierungswechsel reicht als Begründung offenkundig nicht. Der Staatsvertrag der 15 wurde von der EU zwar vorerst mit Grummeln gebilligt, hat aber noch kein endgültiges grünes Licht aus Brüssel.

"Heute ist ein guter Tag für Schleswig-Holstein", meinte mit FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki ein Hauptinitiator des Kieler Sonderwegs. "Die heutige Ankündigung des Innenministers bedeutet, dass der europarechtswidrige Glücksspielstaatsvertrag zumindest für Schleswig-Holstein Makulatur ist." Auch CDU-Glücksspielexperte Hans-Jörn Arp kam zu dem Schluss, nun sei der Weg verbaut, dem Staatsvertrag beizutreten. Innenminister Breitner sieht dagegen bis auf weiteres zwei Glücksspielwelten im Norden - eine mit den nach bisherigem Recht für sechs Jahre geltenden Lizenzen und eine nach dem Staatsvertrag, wenn das Land ihm beigetreten sein wird.

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