sábado, 3 de noviembre de 2012

Der Überlebende - Märkische Allgemeine

Robbie Williams hatte es geschafft, die Mütter beim Bügeln glücklich zu machen – doch halt auch ihre Töchter, wenn die nachts aufbrachen in eine Welt aus Clubs und falschen Wimpern, fern von den Müttern und den Bügelbrettern. Williams, nun 38 Jahre alt und Vater seiner kleinen Tochter Theodora, war ein Mann, der in die „Bravo" passte. Doch eben auch in Frauenmagazine, wo die Damen nicht mehr in Turnschuhen rumlaufen, sondern hohe Absätze und teuren Nagellack zur Schau tragen.

Williams war das Urbild eines Mannes, ein bisschen Clown, ein bisschen Affe, das alles gut gemischt mit Ironie und viel Testosteron. Seine Gesichtszüge so klar wie bei römischen Feldherren. Wahrscheinlich hat ihn Lagerfeld entworfen, in einem seiner Skizzenblöcke.

Es gibt ein neues, mäßiges Album von Robbie Williams, dem genialen Pop-Proleten, der früher wie ein zugekokster König über Bühnen und durch Fernsehshows stolzierte. Seine Lieblingsshow war „Wetten, dass…?", konnte man meinen, denn wenn die Mädchen mit den Zahnspangen im Publikum die selbstgemalten Herzen hochhielten, dann grinste er so glücklich und so feist, als gäbe es nichts Besseres als das verdammte Wissen, unwiderstehlich zu sein. Er hat dann Gottschalk zugezwinkert, von Schwerenöter zu Schwerenöter. Und sang sein Lied.

Heute Abend singt er bei „Wetten, dass…?" wieder ein Lied, die aktuelle Single heißt „Candy". Er wird jetzt dicker, auch musikalisch geht er in die Breite, klingt nach Mallorca. Und überhaupt erinnert er nun irgendwie an Jürgen Drews. Zur Hälfte sagt man das aus Spott, zur Hälfte aus Bewunderung. Denn gibt es eine bessere Insel für den Pop, um Kind zu bleiben und trotzdem Kasse zu machen?

„Candy" ist kein großer Wurf, ein bisschen Latin, ein bisschen Rumbarasseln, doch die Raketen fehlten ohnehin, seitdem er sich 2002 mit Guy Chambers überworfen hat, der ihm die Stücke schrieb. Was waren das für Schläge in den Magen! Wenn man „Angels" auf dem Weg zur Arbeit hörte, hat man geweint. „Angels" im Autoradio, das war immer wie Zahltag. Es gab so viele Zahltage: „She's The One", „Supreme" und einige mehr.

Nach der Trennung von Chambers, warum auch immer diese Trennung nötig war, – bei einem wackeligen Ego, wie es Williams hat, reicht da freilich eine Kleinigkeit – ging es bergab, nun auch schon seit zehn Jahren. Er rauchte alles, was nicht bei Drei im Medizinschrank war, auch frauenmäßig lief es aus dem Ruder, wie man hört. Die Lieder wurden schlichter, er grölte sie, sang sie nicht mehr, beschwor die Geister seiner großen Zeit, doch diese Geister wendeten sich neuen Namen zu – längst sind die Superstars weiblich, Lady Gaga oder Lana Del Rey heißen sie, der Götter neue Lieblingskinder.

Und Robbie Williams arrangiert sich mit der Rolle eines Überlebenden. Hat sich vor zwei Jahren mit seiner alten Band Take That versöhnt, eine lustige Tour mit ihnen absolviert, und nun sein Kind gekriegt. Besser kann es nicht kommen für einen wie ihn: Noch vor der 40 die eigene Bestie bändigen und ein am Ende bürgerliches, wenn auch künstlerisch nicht mehr so wertvolles Leben führen. Wäre da nur diese elende Sucht nach Aufmerksamkeit nicht, die Williams treibt.

Er ist gemütlicher geworden, langsamer, nicht mehr so schillernd – da passt er heute Abend gut zu „Wetten, dass…", dieser Show geht es recht ähnlich, seit Gottschalk sie verlassen hat. (Von Lars Grote)


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