domingo, 2 de diciembre de 2012

Ohne Geschichten keine Musik - DIE WELT

Ob sie später wirklich Komponistin werden will, steht für die achtjährige Maja Horstmann längst noch nicht fest. Auf einem der spektakulärsten Konzertpodien dieser Welt im fernen Tokio aber durfte sie kürzlich schon einmal ausprobieren, wie sich diese Berufsrolle anfühlt. Im hochmodernen Bunkamura Konzertsaal der japanischen Neun-Millionen-Metropole veranstaltete die "Yamaha Music Foundation" an diesem Tag "The 41st International Junior Original Concert".

Dieses Präsentationsforum für ganz junge Musikerinnen und Musiker aus aller Welt unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von Wettbewerben und Aktivitäten der Jugendmusikförderungen, wie wir sie hierzulande etwa durch die von der "Stiftung Musikleben" oder "Jugend musiziert" unterstützten Aktivitäten kennen. Bei den "Junior Original Concerts" steht weit weniger die Leistung im Vordergrund als das kreative Potenzial mit eigenen Ideen und eigenen musikalischen Schöpfungen.

In 44 Ländern der Welt unterhält der gigantische Musikkonzern Yamaha über 5000 Musikschulen, an denen an die 20.000 Lehrer fast 700.000 Schüler unterrichten. In Hamburg befindet sich eine erst vor wenigen Jahren eröffnete, nach japanischem Vorbild errichtete Musikschule dieser Art in Eppendorf. "Kinder im Alter von vier Jahren können etwas, was wir Erwachsenen längst nicht mehr drauf haben", sagt Patrick Onbrust, Maja Horstmanns Lehrer in Hamburg. "Die Kinder lernen bei uns musikalisches Handwerk wie eine Sprache. Zuerst kommt das Hören, dann das Nachsingen, das Nachspielen und erst am Schluss das Lesen von Notentext." Für die frühkindliche Musikalisierung hat sich Yamaha hierfür ein einzigartiges "Music Education System" für den Gruppen- und Einzelunterricht erdacht, das in kleinen Schritten auch die Realisierung eigener Kompositionen trainiert. Ein Instrument dient später dann dazu, Phrasen zu übertragen, die die Kinder allein über das Ohr erlernt haben.

Im Rahmen vorangegangener Schul- und Klassenvorspiele, nationaler und europäischer Konzerte, die Yamaha regelmäßig für alle Schüler veranstaltet, konnte sich die junge Komponistin und Pianistin Horstmann also mit ihrem Stück "The Adventure of the Bee" für das Abschlusskonzert in Tokio qualifizieren. Neben elf weiteren Junior-Autoren aus Malaysia, Korea, Indonesien, den USA und vor allem Japan, vertrat die junge Musikerin ihr Land tapfer und durfte gleichzeitig die Sehenswürdigkeiten wie den neuen Tokyo Sky Tower und das faszinierende Metro-Netz kennenlernen, dessen Fahrpläne wie komplizierte elektrische Schaltpläne anmuten.

"In Tokio haben mir diese vielen netten Leute am meisten gefallen", sagt das Mädchen, das von ihrer Hamburger Grundschule extra für diese Reise vom Unterricht befreit wurde. "Es gibt hier irre viele Hochhäuser, aber eben auch viele ganz kleine Läden, in denen man tolle Sachen kaufen kann." Vor ihrem großen Auftritt musste sie mit ihrem Lehrer Patrick Onbrust in der Yamaha Music Foundation noch etliche Stunden üben. Der Höhepunkt war ein Vorspiel vor einem Musikdirektoren-Team, das schon fast einer Aufnahmeprüfung an einer Musikhochschule glich. Und weil man in Japan auf Form und Etikette eben ganz besonderen Wert legt, war das erste, was die hohen Herrn von Yamaha bei Majas Vorspiel zur Sprache brachten, die Art und Weise, wie man sich verbeugt und wie viele Sekunden man den Blick auf die Tastatur des Flügels gerichtet halten soll, bevor man sein Gesicht in Richtung der hell strahlenden Spots richtet. Die Melodie zu ihrem Stück "Die Abenteuer einer Biene" sei ihr auf dem Schulhof eingefallen, als sie eine verunglückte müde Biene vor den Fußtritten ihrer Mitschüler rettete, erzählt Maja Horstmann. "Zu Hause habe ich das dann auf dem Klavier ausprobiert und damit herumfantasiert."

Ihr Klavierstück, dem ein kinderliedartiges Motiv zugrunde liegt und das wegen der Flugeigenschaften des Insekts auch mehrere freche Glissandi enthält, durchläuft muntere Modulationen durch den Quintenzirkel. Überhaupt ist die Handschrift des Lehrers Onbrust im formalen traditionellen A-B-A-Aufbau des Stücks unverkennbar. Und seine Schülerin wäre auch gar nicht in der Lage gewesen, ihre schönen Gedanken ganz allein zu Papier zu bringen. "Ich merke mir, was ich spiele. Ich kann so schnell auch gar nicht von Noten spielen."

Künstlerisch weiter als die Hamburgerin war beim "International Junior Original Concert" vor allem der neunjährige japanische Komponist und Pianist Sota Takeda. Sein Stück "Light of Angels through the Stormy Ocean" war deutlich an Schumann und Rachmaninoff angelehnt und erforderte auch entsprechende technische Voraussetzungen wie chromatische Läufe, Spiel mit überkreuzten Händen und bizarre Motivverarbeitungen. Im Mittelpunkt des Konzerts stand aber natürlich auch ein Klassiker des Yamaha-Musikprogramms, die elektronische Orgel "Electone. Stagea".

Obwohl das Instrument, mit dem man locker orchestrale Klangwelten erzeugen kann, in Europa stark an Image verloren hat, brachten kleine Künstler wie Lee Chloe aus Malaysia oder Saya Murata aus Japan in Tokio faszinierende neue Stücke damit zu Gehör. Überhaupt reicht der Stil der Neukompositionen von filmmusikalischer Unterhaltungsmusik über den Jazz bis hin zu anspruchsvoller Kontrapunktik. Das alles gehört nicht unbedingt zu Maja Horstmanns musikalischem Spektrum, vor allem nicht in ihrem Hamburger Kinderzimmer, wo sie erklärtermaßen eher mal Love Lyrics von Janet Jackson hört. "Wenn ich mich mit meinen Freundinnen Kira, Soraya oder Wiebke treffe, die auch Musik machen, spielen wir lieber was anderes und sprechen über ganz andere Dinge als Musik", gibt sie zu.

Musik muss für sie und Kinder ganz im Allgemeinen am besten immer mit Geschichten verbunden sein. "Mit Geschichten im Kopf kann man besser über Sachen nachdenken", sagt die kleine Künstlerin und geht sogar so weit zu sagen, dass ihr ohne Geschichten auch keine Musik einfallen würde. Wen wundert es da, dass ihr neues Stück wieder eine Geschichte erzählt, von Feen und Zauberwesen handelt und nun den bunten Titel "Zauberwald" trägt.

Der Autor war auf Einladung von Yamaha in Tokio. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter www.axelspringer.de/unabhaengigkeit

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