domingo, 9 de diciembre de 2012

Sonderseiten für Parteien: So dient Twitter sich den Mächtigen an - Spiegel Online

Twitter hat der CDU zum Bundesparteitag ein Geschenk gemacht: Eine eigene "Event Page" bekam die Partei. Schn sah die Sonderseite aus, zumindest fr die CDU: Als "Top People", die etwas zur Partei zu sagen haben, warb Twitter dort ausschlielich fr Konten von CDU-Vertretern. In den auf dieser Seite prsentierten Tweets konnte man dann zum Beispiel lesen, dass der Generalsekretr sich die Delegiertenhalle vor Beginn des Parteitags angeschaut hat.

Hat jemand diese betulichen Tweets ausgewhlt? Wurde Kritik nicht angezeigt? Diesen Vorwurf erhebt die "Sddeutsche Zeitung": Twitter habe den Parteitag "geschnt" dargestellt, kritisiert die Zeitung. Einige Twitter-Nutzer behaupten sogar, CDU-Verantwortliche htten die bei Twitter gesondert prsentierten Nachrichten vorab auswhlen drfen. Die CDU widerspricht dieser Darstellung: Man habe keinen Einfluss auf die Auswahl der Nachrichten gehabt, heit es aus der Parteizentrale. Ob und nach welchen Kriterien Twitter auf der bersichtsseite gefiltert hat, ist nicht klar. Ein Firmensprecher beantwortet diese Frage lediglich mit dem ausweichenden Hinweis: "Die Gesamtheit der Tweets bleibt auch auf der Seite einsehbar."

Die Aufregung um Twitters besonderen Service fr die CDU knnte man als Petitesse abtun. Die Kritiker liefern keine Beispiele fr eklatante Eingriffe in die Berichterstattung. Doch der Fall ist beispielhaft fr alle Probleme, die entstehen, wenn Internet-Konzerne als Medien auftreten. Twitter, Google und Facebook zeigen einem groen Publikum einen Ausschnitt der Wirklichkeit - bestimmt nach eigenen Kriterien und manchmal auch nach den Interessen der Firma, umgeben von Werbung.

Das ist manchmal nah an dem, was Journalisten machen, gerade bei Twitter. Die Firma wirbt fr seine Sonderseiten zu Parteitagen und Sportveranstaltungen, auf denen der Twitter-Algorithmus und Twitters Angestellte von anderen getwitterte Fotos, Wortmeldungen und Videos neu zusammenstellen.

Unabhngigkeit, Trennung von Werbung und Redaktion, Sorgfaltspflicht - diese Interessenkonflikte ergeben sich aus Twitters Geschftsmodell.

1. Twitter muss Partner und Promis bei Laune halten

Bei Twitter sind Mitarbeiter eigens dafr zustndig, kostenlos exklusive Inhalte aus Politik, Sport und Unterhaltung heranzuholen. Diese "Partnership Manager" und "Content Strategists" sollen Politiker, Sportler, Musiker und andere bekannte Persnlichkeiten zum Twittern bringen.

Twitter kooperiert aber auch mit Unternehmen wie dem US-Rennveranstalter Nascar. Twitter berichtet auf speziellen Seiten ber Rennen und organisiert besondere Live-Veranstaltungen mit Fahrern. Ob bei solchen Kooperationen Geld fliet, wer wen wofr womit (Werbeflchen, exklusiver Zugang, garantierte Reichweiten) bezahlt, ist nicht ffentlich bekannt.

Diese Konstellation kann problematisch sein: Einerseits ist Twitter dem Publikum verpflichtet, andererseits den Lieferanten attraktiver Inhalte. Von den Olympischen Spielen in London berichtete Twitter zum Beispiel in Kooperation mit dem US-Medienkonzern NBC-Universal, Twitter-Mitarbeiter platzierten auf der bersichtsseite zu den Spielen prominent Tweets von Sportlern und NBC-Reportern. Reagieren Mitarbeiter in Twitters Sperrabteilung anders, wenn Menschen solche geschtzten Partner auf Twitter kritisieren? Werden Twitter-Redakteure Tweets von Umweltschtzern mit dem Nascar-Hashtag auf der Sonderseite zu einem der Rennen dulden?

2. Twitter vermischt Inhalte und Marketing

Twitter lsst sich dafr bezahlen, dass bestimmte Nachrichten und Schlagworte im normalen Angebot hervorgehoben prsentiert werden. Diese "promoted Tweets" und "Trends" kennzeichnet die Firma auch vorbildlich. Wer wei, was "promoted" bedeutet, wei auch, dass der Urheber dieser Botschaft gezahlt hat. Bei anderen Inhalten sind die Interessen nicht zu erkennen. Twitters Sonderseite zum CDU-Parteitag war zum Beispiel nicht als Werbung gezeichnet - muss sie auch nicht, laut Twitter hat die CDU nicht gezahlt.

Dennoch ist eine solche Sonderseite nicht dasselbe wie der normale Twitter-Feed, den sich jeder Nutzer aus seinen Abonnement selbst zusammenstellt. Twitter hat in irgendeiner Form aus bestimmten Interessen einen gewissen Ausschnitt der Berichte ber die Partei ausgewhlt. Irgendjemand muss wohl entschieden haben, dass CDU-Vertreter die relevantesten Kommentare zur CDU-Veranstaltung schreiben. Wenn Twitter das getan hat, um sich der CDU (und anderen Parteien) als Plattform anzudienen, sollte das Unternehmen das klar machen. Ist das Werbung in eigener Sache? Kostenlose PR? Eine Produktdemonstration? Mssten Unternehmen fr solche Dienste bezahlen, hat Twitter der CDU einen besonderen Dienst geschenkt?

3. Twitters Publizisten arbeiten in der Sales-Abteilung

Als Twitter im Sommer die erste redaktionell betreute Sonderseite zu einem Nascar-Rennen verffentlichte, rumte das Unternehmen mit knappen Worten ein, dass "Algorithmen und Kuratoren" ber die Auswahl der prominent platzierten Nachrichten bestimmten. Nach welchen Kriterien sie das tun, wie sie mit Interessenkonflikten umgehen, ob sie nur offizielle Vertreter oder auch andere Menschen auf den gro (unter anderem mit Fernsehspots) beworbenen Sonderseiten zu Wort kommen lassen - all das ist bis heute unklar.

Twitter hat ffentlich keine publizistischen Leitlinien formuliert. Anders als bei Medien gibt es keinen Chefredakteur, der ber inhaltliche Fragen bestimmt. Fr welche Ereignisse richtet Twitter zum Beispiel Sonderseiten wie zum CDU-Parteitag ein? Bekommt die Linke als im Bundestag vertretene Partei auch eine solche Seite? Warum gibt es keine Sonderseite zum NSU-Untersuchungsausschuss? Ist es akzeptabel, wenn bei Groereignissen nur offizielle Vertreter in eigener Sache sprechen?

Twitter hat keinen Manager, der ausschlielich ber solche Fragen entscheidet. Zumindest aus den Stellenanzeigen fr die Content Strategists und andere publizistische Mitarbeiter ist nicht abzulesen, dass Twitter sich dieser Problematik bewusst ist. Die Publizisten arbeiten in derselben Abteilung wie die Anzeigenverkufer - Business Development & Sales.

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