lunes, 3 de diciembre de 2012

Akademie für Alte Musik - Akademie für Alte Musik feiert 30. Geburtstag - Frankfurter Rundschau

Berlin –  

Namen soll man nicht auf die Goldwaage legen. Die Akademie für Alte Musik Berlin ist unter den großen deutschen Barockorchestern das am wenigsten akademische. Zumindest hat Deutschlands selbsternannter oberster Aufführungspraktiker Reinhard Goebel dem Ensemble neulich beim Blindhören einer CD einen Verweis erteilt, weil es eine Verzierung nicht quellengetreu ausgeführt hat. Das geht auch nicht; wo kämen wir hin, wenn jeder verziert, wie er will? Froh ist man dennoch, dass die „Akamus", wie man sie kurz nennt, nicht so bretthart und rohrstockpädagogisch Musik macht wie einst Goebel und seine Musica Antiqua Köln.

Vor 30 Jahren gründeten Musiker der Ost-Berliner Orchester die Akademie für Alte Musik aus einem ganz musikantischen Interesse an Barockmusik. Treibende Kraft war vor allem Stephan Mai, damals Geiger im Rundfunk-Sinfonie-Orchester und heute einer der vier Konzertmeister der Akademie. Das Spiel auf historischen Instrumenten war im Westen längst etabliert, als in der DDR noch die „lebendige", romantische Leipziger Tradition des Thomanerchors und des Gewandhausorchesters das Bach-Spiel bestimmte.

Dass man im Rückgang auf die Quellen der barocken Aufführungspraxis längst andere Klänge und anderen Ausdruck entdeckt hatte, ließ sich indes auch in einer offiziell auf die sozialistische Zukunft gerichteten Gesellschaft nicht länger verbergen. Zwei Jahre nach ihrer Gründung erhielt die Akademie ihre Aboreihe im Konzerthaus, die bis heute fortbesteht, 1986 erschien bei Eterna und koproduziert mit dem West-Label Capriccio die erste Schallplatte des Ensembles. Über 60 weitere Aufnahmen von Kammermusik bis zur Oper sind gefolgt, viele davon preisgekrönt.

Im Jubiläumskonzert am Donnerstag im Konzerthaus spielte die Akademie für Alte Musik ihre Qualitäten prächtig aus. Das Freiburger Barockorchester klingt geschmeidiger, Concerto Köln feiner ziseliert – die Berliner dagegen langen am kräftigsten zu und lassen ihr gestalterisches Temperament nicht von Vorschriften bremsen. Im Eingangssatz von Georg Philipp Telemanns „Hamburger Ebb' und Flut" hört man es schwappen und wogen, und launig erwacht die zuvor „schlafende Thetis" im allmählichen Lauter- und Schnellerwerden des Bourrée-Taktes.

Noten als Material verstanden

Das hat sich Telemann gewiss nicht so vorgestellt – aber wir können uns um so besser vorstellen, was die Musik darstellen will. Noten werden als Material verstanden, das subjektiven Imaginationen unterworfen werden darf – wohl deswegen arbeitet ein imaginativer Dirigent wie René Jacobs so gern mit ihnen zusammen.

Heinrich Bibers „Battalia" zeigt zudem, dass im Barock jede Regel gebrochen werden konnte, wenn es dem Ausdruck dient: Hier spielen die Instrumente in verschiedenen Tonarten, um das besoffene Singen der Landsknechte zu zeigen, der Kontrabassist traktiert die Saiten mit einem Trommelschlägel, Konzertmeister Georg Kallweit steckt sich den Fuß des Basses in die Hosentasche, und zusammen wandern sie wie ein Schützenzug mit Marschmusik über das Podium.

Dazu will Christian Josts Concertino für Violine und Kammerorchester namens „Der Zaubergarten" von 2011 nicht so recht passen. Hier wird nach Vorschrift gediegene Moderne gespielt – das machen die Akademie und ihr Konzertmeister und Solist Bernhard Forck auch gut und klanglich sensibel. Aber schöner ist's, wenn Bachs Vierte Orchestersuite zum Schluss vor lauter individuellem Engagement aus allen Nähten platzt.

No hay comentarios:

Publicar un comentario