viernes, 30 de agosto de 2013

„Ich brauch es einfach nicht“ Keine Zeit fürs Internet - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Frau Gille, Sie sind 26 und waren noch nie im Internet. Wie kann das sein?

Ich brauch es einfach nicht.

Nicht mal E-Mails?

Nö, habe ich noch nie gemacht. Ich habe ein Handy, eine ganz alte Möhre, damit schreibe ich SMS. Und ich habe auch einen Laptop, aber nicht fürs Internet. Darauf schreibe ich Geschichten.

Könnten Sie denn ins Internet, wenn Sie wollten? Sie arbeiten und wohnen mitten im Wald, im Gasthof Ihrer Eltern.

Ja, letztes Jahr haben wir eine ISDN-Anlage gekriegt. Da haben die gefragt, ob wir Internet wollen. Aber ich habe nein gesagt.

Warum?

Irgendwie habe ich keine Zeit dafür. Und ich habe das Gefühl, ich würde da das Leben verpassen, vor allem bei so etwas wie Facebook.

Aber Sie sind die Generation, in der eigentlich alle online sind. Gibt es keinen Gruppendruck?

Es geht. Als ich in der fünften Klasse war, ging das bei uns los damit. Aber ich war nie so, dass ich dachte: „Oh, ist der cool, der hat ein Handy." Meine Freunde haben das akzeptiert. Und wenn es heute darum geht, mit Mitschülern in Kontakt zu bleiben, würde ich sagen: „Schreib mir einen Brief oder ruf mich an. Und wenn du's lässt, auch gut." Ich will davon nicht so abhängig sein, wissen Sie?

Meinen Sie, alle, die das Internet nutzen, sind abhängig davon?

Das nicht. Aber ich hätte Angst, es zu werden. Dieses Zeug setzt einen, glaube ich, unter Druck. Manche Leute kommen hier in den Gasthof rein und sind noch nicht die Treppe hoch, da fragen sie schon, ob wir Internetanschluss haben. Bei manchen ist es wegen der Arbeit, klar, aber manche können einfach nicht mehr ohne.

Immerhin haben Sie auf der Internetseite Ihres Gasthofs eine Mailadresse. Wer guckt denn da rein?

Meine Schwester, die ist Apothekerin. Sie sagt uns dann Bescheid. Aber manchmal guckt sie auch fünf Tage nicht, und dann haben die Leute in der Zwischenzeit schon angerufen.

Und Bücher bestellen, Reisen buchen, Überweisungen machen, Zugfahrpläne nachschauen?

Das mache ich halt im Laden, am Bahnhof oder in der Bank.

Das kostet aber mehr Zeit.

Ja, aber weniger Nerven. Ich habe in letzter Zeit sehr wenige ausgeglichene Menschen gesehen. Und ich glaube, das liegt auch am Internet. Zum Beispiel habe ich mich im April von meinem Freund getrennt, mit dem ich sechs Jahre zusammen war. Eine Bekannte von mir hat dann gleich - obwohl ich das überhaupt nicht verlangt habe - für mich bei Facebook geguckt, mit wem er da schreibt und so was. Ich habe gemerkt, wie mich das belastet hat. Wenn ich's nicht gewusst hätte, wäre es tausendmal besser gewesen.

Ja, das verstehe ich.

Ich bin einfach glücklicher ohne Internet. Und es findet sich zum Glück immer noch ein Schlupfloch, wie man ohne auskommt.

Die Fragen an Alexandra Gille aus Breidenbach bei Marburg stellte Friederike Haupt.

Quelle: F.A.S.
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