miércoles, 23 de enero de 2013

S.P.O.N. - Die Mensch-Maschine: Das Internet ist Filesharing - Spiegel Online

Der soziale Wert von Twitter liegt auch darin, ein Ort fr kleine, beinahe egale Gedanken zu sein - ein Blick in tausend Kpfe und die dazu gehrenden, frher verborgenen Alltagsempfindungen. So kam es, dass Twitternutzer @einFluff ganz nebenbei etwas an der Art bemerkte, wie sich die neue Cloud-Plattform Mega ("The Privacy Company") prsentiert: "Das ist doch Absicht dass man sich bei MEGA immer verliest? The Privacy Company und The Piracy Company".

Der vielbesprochene Mann dahinter, Kim Dotcom, agierte bisher halb- bis drittelseiden. Seine Geschichte und seine Art, ffentlich als er selbst aufzutreten, erschweren es bis nah an die Unmglichkeit, Mega unvoreingenommen zu betrachten. Und doch lohnt es sich. Der Grund dafr liegt exakt in der eventuell beabsichtigten Verwechselbarkeit von "Privacy" und "Piracy". Die Filesharing-Plattform Mega verbindet diese Pole unauflsbar. Genauer gesagt enthllt sie die unauflsbare Verbindung zwischen den beiden. Denn Mega treibt die technischen Mglichkeiten der digitalen Vernetzung auf die Spitze, indem es ausschlielich durch den Nutzer verschlsselte Daten transportiert. Neben dem Absender sind Empfnger nur durch die Kenntnis eines bisher nicht knackbaren Zahlenschlssels in der Lage, die geteilten Inhalte zu decodieren. Filesharing wird damit offiziell zu einer Frage der Kryptografie. Jede Kontrolle durch die Plattform entfllt - sie ist derzeit technisch nicht praktikabel.

Zum Vorschein kommt eine Tatsache, die fr die Inhalteindustrie auerordentlich schmerzhaft ist: Im Internet in seiner heutigen Form lsst sich Filesharing nicht verhindern. Das ginge nur, indem ein anderes Netz geschaffen wrde. Ein Netz, in dem jedes bewegte Bit kontrolliert werden kann, also eines ohne Privatsphre. Der Start von Mega heit daher in der Lesart der traditionell aggressiv lobbyierenden Inhalteindustrie der USA fatalerweise: Privacy gleich Piracy. Damit glaubt eine politisch und medial groe Macht sptestens seit dem 19. Januar 2013 auf die Abschaffung der digitalen Privatsphre hinarbeiten zu mssen. Das ist zwar ein katastrophaler Fehlschluss und vermutlich menschenrechtswidrig. Aber wie berradikalisiert die Atmosphre rund um Urheberrechte ist, lie sich zuletzt am Fall Aaron Swartz erkennen. Fr das Eindringen in ein Netzwerk und das bloe Kopieren wissenschaftlicher Artikel drohte ihm potentiell eine Gefngnisstrafe von mehr als fnfzig Jahren.

Mit der Cloud ist das Internet Filesharing

Je nach Perspektive wird an der Abschaffung der digitalen Privatsphre im Netz bereits gearbeitet. Eine vom EU-Parlament in Auftrag gegebene Studie wies Ende 2012 darauf hin, dass private Daten auf US-Servern allen EU-Bestimmungen zum Trotz stets als den Behrden zugnglich betrachtet werden sollten. Die Begrndung dafr ist Terrorismusbekmpfung. Aber die Erfahrung zeigt, dass einmal bestehende Ermittlungsinstrumente solcher Art schnell schrotgewehrhaft zum Einsatz kommen. Ohnehin sind Cloud-Anbieter unter hchsten Druck der Inhalteindustrie geraten. Dropbox, das weie Geschwisterlmmchen des vermeintlich schwarzen Schafs Mega, reduzierte deshalb im Oktober 2012 seine ffentliche Sharing-Funktion auf ein Minimum.

Im Interview mit SPIEGEL ONLINE sagte die Dropbox-Vizeprsidentin Ruchi Sanghvi, auf illegales Filesharing angesprochen, einen verrterischen Satz: "Unsere Nutzer machen so etwas nicht." Schon die trotzig ironische Art einiger Internetnutzer drfte dazu fhren, dass diese Mischung aus Vermutung und Hoffnung eine self-destructing prophecy werden knnte. Aber das Zitat offenbart, dass der einzige substantielle Unterschied zwischen illegalen Filesharing-Plattformen und beliebigen Cloud-Unternehmen von Google und Dropbox bis Microsoft und Strato die Art der Nutzung ist. Mit der Cloud geschieht Filesharing nicht mehr irgendwo im Internet - mit der Cloud ist das Internet Filesharing. Der Rest ist eine juristische Definitionsfrage, und der Antwort darauf steht nur die Privatsphre im Weg.

Als Reaktion auf Kim Dotcoms Plattform - die selbstverstndlich, aber unverhinderbar auch fr illegales Filesharing genutzt werden wird - wird die Inhalteindustrie deshalb kurzschlusshaft auf ein Verbot von hochsicherer Verschlsselung und digitaler Anonymitt drngen. In Behrden, denen fr sie selbst unknackbare Kryptografie ohnehin nicht behagt, werden solche Ideen gern genommen. Mega ist deshalb gerade wegen des legalen Geschftsmodells eine Nagelprobe fr die Inhalteindustrie, wie weit sie in ihrem Kampf gehen wird. Leider neigt diese Industrie dazu, ein paar Meter neben einer weit offenen Tr mit dem Kopf durch die Wand zu brechen. Und zwar mit dem Kopf der Internetnutzer. Denn natrlich gbe es eine funktionierende Lsung fr das tatschlich vorhandene Problem, das gewhnlich als Piraterie bezeichnet wird. Ironischerweise hat gerade die Megahupe Kim Dotcom selbst vor einigen Tagen darauf hingewiesen - auf Twitter, in weniger als 140 Zeichen:

"Wie man Piraterie stoppt:
1 groartige Inhalte schaffen
2 den Kauf so einfach wie mglich machen
3 weltweite Verffentlichung am gleichen Tag
4 fairer Preis
5 auf jedem Gert abspielbar"

Selbst, wenn ein Hollywoodstudio eine sanft differierende Auffassung ber die Hhe eines "fairen Preises" haben drfte als etwa ein Fnfzehnjhriger am anderen Ende der Welt, und trotz aller Schmierlappigkeit - dieses Rezept wrde funktionieren. Denn es schwimmt mit dem Flow des Internet statt dagegen. Das ist das rgerliche an dieser Einrichtung namens Realitt: Manchmal haben auch Leute recht, die man nicht mag.

tl;dr

Mit dem Start der Plattform Mega wird der Kampf um das Urheberrecht endgltig auf dem Feld der Privatsphre gefhrt. Am Ende verlieren alle.

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