jueves, 26 de septiembre de 2013

Facebook hält alle Analysten zum Narren - DIE WELT

Analysten gelten als pathologische Optimisten. Im Zweifelsfall raten sie immer zum Kauf und setzen die Kursziele zu hoch an. Doch ausgerechnet die Jahrhundertchance ist der Expertenzunft durch die Lappen gegangen: die jüngste Rekordrallye der Facebook-Aktie.

In den vergangenen zwei Monaten hat sich der Kurs und damit der Wert des weltgrößten sozialen Netzwerkes mal eben verdoppelt. Zur Wochenmitte markierte das Papier mit knapp 50 Dollar ein historisches Hoch. Ginge es nach den Analysten, würde die Facebook-Aktie noch immer bei rund 30 Dollar herumdümpeln. Keiner der insgesamt 36 Experten, die das Unternehmen laut dem Datenanbieter Bloomberg analysierten, sah die fulminante Hausse voraus.

Facebook ist nur der jüngste Beleg dafür, dass die meisten Auguren nicht imstande sind, Trendwenden vorauszusehen. Das zeigte sich bereits kurz nach dem Börsengang, als die Facebook-Aktie bis auf 17 Dollar abrutschte. Auch dieser hat die hoch bezahlten Profis auf dem falschen Fuß erwischt. Die Kursausschläge nach oben wie nach unten sind unterschätzt worden.

Sprung bei den Werbeeinnahmen

Die meisten Prognostiker hechelten mit ihren Kursvorhersagen einfach den aktuellen Notierungen hinterher. Dabei übersahen sie die Wende, die nach den Zahlen zum zweiten Quartal einsetzte. Ein Sprung bei den Werbeeinnahmen im Bereich mobiles Internet um 76 Prozent ließ auch die Aktie haussieren.

"Eine schnelle Wende und das folgende Wachstum" haben nach Einschätzung des Citi-Analysten Mark May die Sorgen gedämpft, dass Facebook unter dem Trend weg von Desktop-Computern hin zu mobilen Anwendungen leiden würde, versuchte sich der Experte vor zwei Tagen nun zu rechtfertigen.

Analyst May erhöhte flugs sein Kursziel auf Sicht von zwölf Monaten für Facebook von 32 auf 55 Dollar je Aktie. Seine Anlageempfehlung hob er zugleich von Halten auf Kaufen an. Für Anleger kommt diese Einsicht zu spät. Schließlich haben sie seit dem Tiefstand vor einem Jahr einen Wertzuwachs von 176 Prozent verpasst.

Probleme, die richtigen Titel zu finden

Längst nicht nur an der Wall Street ist der Mehrwert, den die Auguren mit ihren Analysen für Investoren erbringen, zweifelhaft. Auch im Dax haben die Experten Probleme, die richtigen Titel für Sparer herauszufiltern, wie eine Analyse zeigt. Wer vor einem Jahr auf zehn Dax-Aktien mit den meisten Kaufempfehlungen gesetzt hätte, stünde mit den Werten zwar 14 Prozent im Plus. Allerdings hat der Leitindex Dax bereits 16 Prozent gemacht. Anleger wären also mit einem passiven Index-Investment besser gefahren, als die zehn Analysten-Lieblinge zu kaufen.

So zählten im September 2012 die Aktien von K+S sowie Lanxess zu den angesagtesten zehn Dax-Werten. Ein Jahr später steht die Aktie des Kali- und Salzherstellers nur noch bei der Hälfte ihres Wertes, das Papier des Chemiekonzern Lanxess hat 27 Prozent ihres Wertes verloren. Gemessen an den Kurszielen, die die Analysten vor einem Jahr für beide Werte ausgegeben haben, sieht das Ganze noch schlechter aus. K+S steht 57 Prozent unter dem prognostizierten Kursziel, Lanxess ganze 32 Prozent.

Auch bei den Versorgern waren die Profis in den Bankentürmen viel zu optimistisch. Zwischen Realität und Prognose klaffen bei E.on mehr als 30 Prozent, bei RWE sind es 28 Prozent.

Continental und Merck wichen vom Drehbuch ab

Doch wie bei Facebook hätten Anleger, die nach dem Verdikt der Analysten handeln, auch viele Dax-Chancen verpasst. Beispiel Deutsche Post. Hier steht die Aktie Gelb aktuell 39 Prozent höher als von den Auguren vor einem Jahr prognostiziert.

Auch Continental und Merck sind vom Drehbuch abgewichen. Merck gehörte mit acht Verkaufs- und 20 Halten-Empfehlungen zu den ungeliebtesten Titeln im vergangenen September, genauso wie Beiersdorf. Obwohl vor einem Jahr gleich 19 Analysten zum Verkauf rieten, hat die Aktie auf Sicht von 52 Wochen fast ein Viertel an Wert zugelegt und damit deutlich mehr als der Dax.

Das Analysten-Desaster ist gerade für Deutschland besonders misslich. Denn in der Bevölkerung wächst mit dem momentan steigenden Dax das Interesse an Einzelaktien. Wie die jüngste Statistik des Deutschen Aktieninstituts zeigt, ist die Zahl der Aktionäre in Deutschland im ersten Halbjahr um 7,1 Prozent auf 4,9 Millionen gestiegen.

Goldener Herbst für Aktionäre

Damit liegt die Zahl derer, die direkt in Anteilscheine von Unternehmen investiert haben, auf dem höchsten Stand seit 2003. Für Aktionäre könnte es ein Goldener Herbst sein, wenn sie denn nicht den Anlageempfehlungen der Analysten folgen.

Aber auch für die Auguren kommt die nicht vorhergesagte Facebook-Rallye zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Schließlich schrumpfen derzeit viele Banken ihre Analyseabteilungen oder hinterfragen diese. In Zeiten, in denen eher die Zinsentscheidungen der Notenbanken die Kurse treiben, scheint die Arbeit der Profis entbehrlich zu sein.

Immerhin kommt das Geschäft mit Neuemission wieder etwas in Schwung. Hierfür werden Emissionsstudien gebraucht, die nicht selten von den Analysten erstellt werden. Gleichzeitig ist jedoch das Geschäft mit dem Aktienhandel rückläufig. Genau hieraus aber beziehen die Profis ihre Gehälter.

Die Analysten können nurmehr auf eine Normalisierung an den Märkten hoffen, bei der sich die Investoren wieder stärker an Fundamentaldaten orientieren und weniger an Notenbanken oder politischen Entscheidungen. Doch selbst für den Fall, macht die Entwicklung der Facebook-Aktie deutlich. Trendwenden können selbst die klügsten Köpfe nur in den wenigsten Fällen exakt vorhersagen.

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