miércoles, 11 de septiembre de 2013

Hätte man 1964 die Musik von 1914 gehört? - DIE WELT

Als die Beatles 1964 das erste Mal in New York waren, besuchten sie einen Nachtclub, dessen Hausband die Fab Four aus Liverpool inklusive "Pilzkopfperücken" parodierte. Nach der Show wurde Ringo Starr gefragt, ob ihm die Band gefallen habe. "Nö", sagte er. "Die waren zu gut." Inzwischen kann man in allen Städten der Welt bessere oder schlechtere Imitate der verflossenen – oder noch lebenden – Größen des Rock'n'Roll sehen und hören: Elvis vor allem, aber eben auch die Beatles, Queen, Michael Jackson, der Blues Brothers und viele andere.

Lauter Lookalikes und Tribute-Bands. Dazu Musicals, die das Oeuvre von Abba, Udo Lindenberg, Buddy Holly, Whitney Houston, den Four Seasons oder eben der immer noch allgegenwärtigen Beatles als Revue verwursten. Oder die Stars gehen – wie die Rolling Stones – als ihre eigene Coverband auf Tournee. Der unsägliche Roger Waters ist mit einem Pink-Floyd-Programm auf Tournee. Depeche Mode hat man auch ausgegraben.

Gerade lese ich das als Jahresbilanz getarnte Selbstlob des als Sender getarnten Versorgungswerks "Arte", das sich rühmt, täglich würden dies- und jenseits des Rheins etwas mehr als 2,5 Millionen Zuschauer "mindestens 15 Minuten lang" einschalten. Ein "Schwerpunkt" seines diesjährigen Musikprogramms war der "Summer of Rebels".

Nina Hagen, Iggy Pop – Retro, überall Retro

Dazu heißt es in der Hochglanzbilanz: "Arte ließ Musiklegenden wie Jim Morrison, John Lennon oder Jimi Hendrix wieder aufleben. Der Sonntagabend gehört Musikrevoluzzern wie Iggy Pop und Nina Hagen, jungen Revolutionären aus der 1968er Bewegung" – ich erfinde das nicht, es steht so da – "und den sozialen Netzwerken sowie softeren Rebellen wie Dustin Hoffman und David Bowie." Retro allüberall. Traue keinem unter 70.

Wer heute das Radio einschaltet, wird kaum irgendwo einen Song finden, der nicht auch Mitte der Sechzigerjahre so durchgegangen wäre. Als Elvis damals gefragt wurde, ob sich die Musik seit den frühen Tagen des Rock'n'Roll weiterentwickelt habe, sagte er bissig, die Toningenieure seien besser geworden. Das stimmt immer noch. Die Bässe wummern besser, die Stimmen haben mehr Kick, die Gitarren mehr Biss. Man muss die alten Aufnahmen remastern, sonst klingen sie flach. Aber musikalisch? Stillstand.

Auf YouTube ist Recycling Trumpf

Man stelle sich vor, die Musik von 1964 hätte so geklungen wie die von 1914. Sie klang ja nicht einmal wie die von 1924, 1934 oder 1944. Wir bilden uns heute etwas ein auf den Fortschritt, auf die Beschleunigung, auf die Zukunft. Aber die Musik, die wir täglich hören, straft uns Lügen. Der Soundtrack unseres Lebens ist so altmodisch-nostalgisch wie der eines Woody-Allen-Films.

Klar ist das Internet etwas neues, aber auf YouTube ist Recycling Trumpf. Neue Bands werden, kaum dass sie ihre drei Akkorde meistern, schon in ein Genre und ein Untergenre gesteckt. Wie sagte Jamie Cullum – einer der wenigen wirklich originellen neuen Köpfen – ach was, neu! Er tourt schon seit zehn Jahren: "Ich bin der Jamie Foxx der Jazz-Pop-Fusion!" Was das auch immer bedeuten mag. Der Musik gehen die Ideen aus.

Vielleicht hat das mit der Gesellschaft zu tun. Die Revolutionen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind in der zweiten Hälfte ausgeblieben. Sicher hat das auch mit Demografie zu tun. Die alternden Babyboomer sitzen in den Intendantensesseln und den Vorstandetagen der Medien- und Musikbranche und sind immer noch die wichtigsten – weil kaufkräftigsten – Konsumenten. Vielleicht kommt die Musik voran, wenn meine Generation ins Gras beißt. Aber dann habe ich auch nichts davon.

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