lunes, 11 de febrero de 2013

Als das Läuten des Telefons zu Musik wurde - DIE WELT

Meine Geschichte vom Verzicht ist gleichzeitig die Geschichte über die längsten, wohl schlimmsten sieben Tage meines Lebens. Ich – Musik-Nerd, Hobby-Schlagzeuger, Schallplattensammler – verzichtete eine Woche lang auf Musik. Es war im Juli 2002, als ich abends im Bett lag, und merkte, dass etwas nicht stimmte. Statt gewohnter Stille hörte ich ein Fiepen, das nicht mehr verschwand – Diagnose: Tinnitus. In einem Anfall von Panik unternahm ich einen verzweifelten Versuch, mich von der größten Liebe meines Lebens zu trennen. Platten wurden weggesperrt, mein MP3-Player außer Sichtweite gelegt, Konzerte ignoriert. Ohren schonen! Nach nur einem Tag saß ich auf meinem Bett, starrte meine Musikanlage an, zählte die Ritzen der Lautsprecher und malte mir Klänge in meinem Kopf aus. Eine Woche lang quälte ich mich so, reagierte hochsensibel auf jede klangliche Irrelevanz. Das Gedudel im Supermarkt, das Klingeln eines Telefons – voller Sehnsucht verwandelte mein Verstand alles in Musik. Nach sieben Tagen hielt ich es nicht mehr aus. Ich legte "The Process Of Belief" von Bad Religion ein, versank in den Punk-Gitarren und schwor der Musik ewige Treue.

An das Fiepen habe ich mich schon vor Jahren gewöhnt. Wie sich völlige Stille anhört, habe ich längst vergessen. Auf Musik habe ich nie wieder verzichtet. Nicht einen Tag lang. Denn wer auf Musik verzichtet, verzichtet aufs Leben.

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